BoG: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Ihre Auszubildende ins Ausland zu entsenden?
Anja Meuter: Ich habe in meiner Funktion als IHK-Vizepräsidentin des Regionalausschusses ein Unternehmen hier in der Region ausgezeichnet, welches sich besonders engagiert bei der Entsendung von Azubis ins Ausland. Im Rahmen der Auszeichnung konnte ich mit den Auszubildenden sprechen und habe mir gedacht, dass das auch in meinem Unternehmen möglich sein soll.
Denn ich persönlich finde es erstrebenswert, meinen Mitarbeitern und den Auszubildenden Dinge zu ermöglichen und ihnen die Chance zu geben, etwas anderes als das gewohnte Umfeld zu sehen. Es kann nur von Vorteil sein, wenn sie auch in anderen Agenturen Unternehmensluft schnuppern, insbesondere in einem internationalen Kontext und in englischer Sprache.
BoG: Was denken Sie, hat Marlene von ihrem Auslandspraktikum mitgebracht? Können Sie davon in Ihrem Unternehmen profitieren?
Anja Meuter: Ich denke zunächst einmal, dass es eine besondere Herausforderung für junge Menschen ist, einen solchen Aufenthalt zu organisieren und zu planen und den Alltag in einem anderen Land und in einem anderen Betrieb dann eben auch zu gestalten. Das allein bringt den Auszubildenden Vorteile, die dann auch wiederrum in meiner Agentur zum Tragen kommen.
Marlene hat in ihrem Partnerunternehmen in Riga beispielsweise einen selbstbewussten Blick auf ihre Arbeit und ihr Können bekommen. Sie hat dort festgestellt, dass Strukturen zwar ein wenig anders sind, aber Arbeitsabläufe und die Aufgaben im Kommunikationsbereich dennoch ähnlich. Ihr Wissen konnte sie dort anwenden. Das bestätigt mir als Unternehmerin und Ausbilderin, dass sie gut aufgestellt ist.
BoG: Was bedeutet das konkret für zukünftige Aufgaben und die Arbeit bei Ihnen?
Anja Meuter: Marlene konnte in Riga beispielsweise in Präsentationen auf Englisch punkten. Ich hoffe natürlich, dass sie bei uns künftig schneller und selbstbewusster ebensolche Präsentationen für internationale Kunden übernimmt und keine Angst oder Hemmungen hat, andere Aufgaben als die bekannten zu übernehmen.
Außerdem hat sie in Lettland und bei dem Partnerunternehmen in Riga eine andere Arbeitsweise kennen gelernt. Das Team hat, so berichtete Marlene es, viel im Homeoffice und sehr selbstständig gearbeitet. Das muss nicht zwangsweise besser oder schlechter sein, sondern zeigt Auszubildenden einfach, dass es auch andere Wege und Arbeitsweisen gibt. Das ist wichtig.
BoG: Was mussten Sie im Vorfeld leisten? Wie hoch war der Aufwand für Sie als Unternehmerin?
Anja Meuter: Sehr gering. Für mich war klar, dass Marlene sich selbst kümmert und die Organisation und Planung ihres Auslandspraktikums eigenständig in die Hand nimmt. Bei Fragen oder mit Wünschen hätte sie sich jederzeit an mich wenden können, was sie aber kaum gemacht hat. Demnach hatte ich als Unternehmerin keinen organisatorischen Aufwand.
Die Fragen in Bezug auf die Versicherung, die Unterkunft vor Ort und das Partnerunternehmen hat Marlene zusammen mit Berufsbildung ohne Grenzen an der IHK Nord Westfalen geklärt. Da war sie gut aufgehoben.
BoG: Wie sah es mit Zuschüssen aus? Was kam kostentechnisch auf Sie zu?
Anja Meuter: Ich habe das Ausbildungsgehalt für die vier Wochen, in denen Marlene in Lettland war, weitergezahlt und ihr darüber hinaus einen kleinen Zuschuss gegeben. Der ist aber kein Muss, denn finanzielle Förderprogramme decken den Großteil der Kosten und Ausgaben des Auslandsaufenthaltes ab.
BoG: Werden Sie auch zukünftigen Auszubildenden Auslandspraktika ermöglichen? Was können Sie anderen Unternehmern und Unternehmerinnen empfehlen?
Anja Meuter: Ja, ich habe mir vorgenommen, auch zukünftigen Azubis einen solchen Aufenthalt zu ermöglichen. Das Thema möchte ich auch im Zuge der Neugestaltung auf unserer Website implementieren und die Möglichkeit von Auslandspraktika im Azubimarketing integrieren. Denn auch Agenturen müssen sich potenziellen Bewerbern und Bewerberinnen gegenüber attraktiv zeigen, insbesondere weil sie im Wettbewerb zu Unternehmen stehen, wenn es um die Bindung und Sicherung von Arbeitskräften geht.
Demnach kann ich Unternehmern und Unternehmerinnen nur empfehlen, Auslandspraktika für Auszubildende anzubieten. Es ist viel einfacher als man denkt. Ein Auslandspraktikum hätte ich mir für mich früher auch gewünscht. Es freut mich deshalb umso mehr, wenn ich das meinen Azubis ermöglichen kann.