Aileen Roos – Von Pferden und Geysiren

Aileen Roos war als Reitsportsattlerin drei Wochen während ihrer Ausbildung auf Island.

BoG: Aileen, wie kam es zu dem Wunsch, ein Auslandspraktikum zu absolvieren? Wer oder was hat dich auf die Idee gebracht?

Aileen: Mein Chef hatte von der Handwerkskammer Koblenz eine Email bekommen, in der die Mobilitätsberatung verschiedene Auslandspraktika angeboten hatte. Er hat mich daraufhin angesprochen, ob ich Lust hätte, so etwas zu machen. Dann kam die Mobilitätsberaterin zu uns in den Betrieb und alles nahm seinen Lauf.

BoG: Wie ging es dann mit der Planung weiter?

Aileen: Im Gespräch mit der Mobilitätsberaterin ging es dann erst mal um das Zielland. Im Angebot waren zunächst England, Irland, Spanien und Österreich. Es war allerdings nirgends ein Praktikum für einen Sattler zu finden, es ist schon ein sehr spezieller Beruf. Wir kamen dann im Laufe der vielen Gespräche auf Island, da mein Chef dort schon mehrmals gewesen und von Land und Leuten begeistert war. Über verschiedene Kontakte und das Netzwerk von „Berufsbildung ohne Grenzen“ wurde eine Sattlerei in Island gefunden, wo ich mein Praktikum machen konnte.

BoG: Welche Erfahrungen konntest du sammeln, inwiefern konntest du persönlich und beruflich profitieren?

Aileen: Für mich persönlich war es insofern neu, dass ich zum ersten Mal komplett alleine unterwegs war. Am Vorabend meiner Reise gab es nochmals einiges zu regeln und mir wurde klar: Cool, ich fahre jetzt alleine dort hin und kenne keinen Menschen. Als ich dann im Flugzeug saß, war es okay und vor Ort hat alles super geklappt. Die Mitarbeiter der Partnerorganisation haben mich am Treffpunkt abgeholt, die Gastfamilie war unglaublich nett- ich habe mich sehr wohl gefühlt.

Beruflich war für mich vor allem interessant zu sehen, dass dort viel mehr repariert wird als in Deutschland. Stücke, die wir hier wegwerfen würden, wurden dort zum gefühlten 500. Mal wieder aufgearbeitet. Das ist auch Mentalitätssache und ein krasser Unterschied zu unserer Wegwerfgesellschaft.

Dadurch, dass ich in der Gastfamilie auf einem Hof gelebt habe, habe ich auch viel vom Alltag mitbekommen. Die Menschen leben eng verbunden mit ihren Tieren, die für sie Fortbewegungsmittel, Sport, aber auch Lebensunterhalt sind. So wie man hier mit dem Auto zu Freunden fährt, reitet man in Island eben. Alles dreht sich um die Tiere und gemeinsam kümmern sich Freunde, Familie und Nachbarn um die Arbeit. Am Wochenende ist es dann auch die Freizeitbeschäftigung, sich um die Tiere zu kümmern, alles in allem geht es aber dadurch auch sehr gelassen und entspannt zu.

 BoG: Wir war das Betriebsklima, das Verhältnis zur Chefin?

Aileen: Auch hier- Sehr gelassen und entspannt, die Sattlerei hat noch einen kleinen Laden dabei und es arbeiten fünf Leute dort. Meine Chefin hat mich beispielsweise zu einem Termin mitgenommen, ist mit mir übers Land gefahren und ich konnte schon mal vorzeitig mit der Arbeit aufhören, um nach Reykjavik zu fahren.

BoG: Hat dir das Praktikum hinsichtlich seiner weiteren beruflichen Entwicklung nochmal neue Aspekte oder Ideen aufgezeigt?

Aileen: Ja, das schon. Je nachdem, wie es nach der Gesellenprüfung weitergeht, könnte ich mir vorstellen, nochmal für zwei oder drei Monate nach Island zu gehen. Ich konnte jetzt Kontakte knüpfen und klar ist es dann einfacher wieder zu kommen.

BoG: Wie bist du sprachlich zurechtgekommen?

Ganz gut, wir haben uns überwiegend Englisch verständigt, wobei es an isländischen Gymnasien häufiger auch Deutschkurse gibt. Meine Chefin sprach ganz gut Deutsch. Manche isländische Worte kann man verstehen, manche sind im Deutschen gleich und ein paar Wörter habe ich auch gelernt.

BoG: Herr Netzer, welches Resümee ziehen Sie als Ausbilder nach dem Auslandspraktikum von Aileen?

Guido Netzer: Ich finde solche Auslandserfahrungen für Lehrlinge ganz wichtig. Diese Erlebnisse mit den Menschen, den Tieren, der Arbeit wiegen auf alle Fälle auf, dass sie drei Wochen nicht im Betrieb gewesen ist. Ich bin froh, dass Aileen diese Chance wahrgenommen hat.